Ein kleiner (und etwas verspäteter) Stockholm-Reiseführer zur kleinen Stockholm-Reise im letzten Monat. Im definitiven Johannes-Bewertungssystem.
[++] Die Schweden selbst. Sie sind immer sehr freundlich, höflich, entspannt, und legen Wert auf gute Umgangsformen. Prollige Assis oder extrem aufgedonnerte Tussis: keine gesehen.
Freundliches Volk: Extra nur für uns hat sich die Palastwache für ein Foto aufgestellt!
Außerdem legen sie viel Wert auf gepflegtes Äußeres, und alle tragen extrem schicke Designer-Brillen. Dazu sind alle Schweden ausgesprochen schlank, trotz der vielen McDonalds-Filialen gibt es kaum Dicke im Straßenbild.
Schneewittchen und die sechs Zwerge – gesehen im Fastfood-Restaurant
[-] So manche Preise: Eine 20-minütige Fahrt mit dem Verbindungszug vom Flughafen Stockholm zum Stadtzentrum kostet 22 €. Pro Person. Für eine Fahrt. Dafür kann man hier schon einigermaßen weit mit dem ICE kommen. Man kann aber auch mit dem Flughafen-Bus fahren, bei doppelter Dauer zum halben Preis. Die Mehrwertsteuer liegt in Schweden übrigens meist bei 25%.
Pinkeln wie ein Nobelpreisträger – nur echt neben der Blauen Halle im Stadshuset!
[++/-] Restaurants: die schwedische Küche muß man wirklich loben, man kann exzellent Essen gehen! Vielfältig, international und raffiniert. Allerdings kann man dabei auch quasi unbeschränkte Mengen Geld versenken. Das 5-Gänge-Menü für 110 Euro p.P. exklusive Getränke im Sterne-Restaurant um die Ecke unseres Hotels haben wir uns nicht gegönnt, dafür konnte aber das traditionell-schwedische Essen im Opernkeller überzeugen.
Aber auch durchschnittliche Restaurants sind teuer: Pizza Margerita beim ganz normalen Italiener: 9,50 €, ein paar Pasta 15 €. Eine Flasche eher – ähem – preiswerter Wein dazu: 28 Euro. Man kann aber auch locker einen für 60 Euro bestellen.
Romantisch – Gamla Stan in der Abenddämmerung
Sehr gut essen kann man übrigens in manchen Museen, in denen sehr gute, eher traditionell schwedische Gerichte für preiswertes Geld angeboten werden! Beispiel: eine wirkliche Suppenschüssel voll Salat und All-You-Can-Eat vom leckerem Brot vom Buffet im Historiska Museet: 5 Euro.
Nightlife in Stockholm – Leben am Höllenschlund
[-] Hotels. Hier gilt das gleiche wie für Restaurants: teuer, und nur mit dem nötigen Kleingeld kann man First-Class wohnen. Für etwas mehr als den Preis unseres Hostels mit Dusche und Toilette auf dem Gang (und halbstündlich losgehendem Feueralarm vor der Türe, weil die blöden Spanierinnen von nebenan mal wieder Suppe grillen mußten oder so) haben wir in Wien auch schon mal im schnieke 4-Sterne-Hotel gewohnt.
Unser zweites Low-Budget-Hostel war zwar auch nicht billig, aber trotzdem so Low-Budget, daß das warme Wasser zum Duschen nur für eine Person pro Morgen reichte. Dafür war der Inhaber aber wiederum – siehe 1. – super nett.
Homer Simpson im Kernkraftwerk Johannes in einer der kühlsten Bars der Welt
[++] Sprache: Jeder spricht sehr gutes Englisch, sogar alte Omis. Das kommt daher, daß Filme fast nie ins Schwedische synchronisiert werden, und Englisch somit quasi zweite Hauptsprache ist. Bier heißt hier „Fatöl“.
… der Absolut Ice Bar Stockholm
[+++] Museen und Schlösser. Mit der Stockholm-Karte kann man bis zu 3 Tage lang sämtliche Museen besuchen. Pflichtprogramm:
Gamla Stan, die Altstadt-Insel von Stockholm. Sehr schön – die Schweden hatten halt keine großartigen Kriege, die das hätten zerstören können.
Winterliche Vogelfütterung vor der Oper
Das königliche Schloß. darin unbedingt die:
Der Königspalast – keine prunkvolle Schönheit, aber durchaus okay
Livrustkammaren mit der Audio-Tour mitnehmen: hier lernt wahnsinnig viel über schwedische und europäische Geschichte, und die blutgetränkten Kleider von Gustav II. Adolf mit den original Einschußlöchern aus der Schlacht von Lützen 1632, nebst seinem ausgestopften Original-Pferd – ebenfalls mit Einschußlöchern – beeindrucken. Daneben gab es eine Austellung von königlichen Schuhen von 1600 bis heute. Manche waren so dermaßen elegant, daß man sich fragt, warum Prada die nicht im Programm hat und viel Geld damit verdient.
Im Goldenen Saal…
Das Stadshuset. Kein eigentliches Museum, sondern Stockholmer Rathaus und der Sitz des Stadtparlaments. Prachtvolle italienisch inspirierte Architektur mit schwedischen Zitaten. Hier findet alljährlich das Nobelpreis-Bankett statt, es gibt eine „Blaue Halle“, die eigentlich rot ist, weil der Architekt im Laufe der Bauphase darauf gekommen ist, daß ein offenes Dach (mit blauem Himmel) in Schweden vielleicht nicht ganz so zweckmäßig, und roter Backstein auch nicht blau angestrichen ganz reizvoll sein könnte. Schwedische Paare können sich hier auch trauen lassen – aufgrund der großen Beliebtheit und des großen Andrangs dauert die Zeremonie in der langen Ausführung allerdings nur 5 Minuten. Der „Goldene Saal“ ist komplett mit einem Mosaik aus Millionen kleiner goldbelegter Steine ausgeschmückt, und im Restaurant nebenan kann man (angeblich) sämtliche Nobel-Bankett-Menüs seit 1901 bestellen.
schauen die Drachen belämmert drein
Das Vasa-Museum. Hier ist die Vasa ausgestellt, jenes Kriegsschiff (und das einzige erhaltene aus dem 17. Jhdt.), das 1628 aufgrund eines Konstruktionsfehlers noch auf der Jungfernfahrt nach nur 500 Metern und einer Salutsalve sank.
Die Vasa – das ehemals bunt bemalte Kriegsschiff des 17. Jhdts ist beeindruckend!
Museum für Moderne Kunst (Moderna Museet). Sehr gute Ausstellung, von Dada über Nana bis Picasso.
Von Dada bis Nana – moderne Kunst im Moderna Museet
Historisches Museum. Befaßt sich von der Stein- über die Wikingerzeit bis ins Mittelalter, mit großer Sammlung mittelalterlicher Altäre
Nordisches Museum. Ausstellung vernachlässigbar, aber hier haben wir sehr gut gegessen, s.o.
Kunstausstellung in Prins Eugens Waldemarsudde. Leider nicht fotografiert haben wir die prachtvolle originale Inneneinrichtung von Prins Eugens Herrenhaus – da wären wir am liebsten gleich eingezogen!
Nationalmuseum. Viele alte Meister. Bei lief gerade eine Stig-Lindberg-Ausstellung mit in Schweden offensichtlich recht populärem 50er-Jahre-Essgeschirr, und eine permanente Ausstellung mit allerlei Plunder schwedischen Design-Gegenständen von Electrolux-Staubsaugern über vorzeitliche Mikrowellen bis zum Ikea-„Lack“-Tisch.
Vin och Spirit Museet. Interessant, die Geschichte des Alkohols in Schweden: Bis Siebzehnhundertirgendwas kannten die Schweden eigentlich nur Branntwein. Den haben sie selbst hergestellt, und die Trauben dazu mußten sie natürlich aus südlichen Gefilden importieren, was natürlich ziemlich kostspielig war. Deshalb sind sie irgendwann auf die Idee gekommen, daß doch auch der in großen Mengen vorhandene Weizen, und später auch die Kartoffel, ganz gut für die Schnapsherstellung wäre. Deshalb hat dann auch Hinz und Kunz angefangen, Wodka zu brennen, und irgendwann waren die Schweden ein ziemlich versoffenes Völkchen. Dem mußte der Staat Einhalt gebieten, indem er ein staatliches Verkaufsmonopol auf alle Alkoholika im Lande einführte. Daran konnte auch ein Herr namens Lars Olsson Smith nichts ändern, als er 1879 die fraktionierte Destillation erfand, mit der er die vielen kopfschmerzbereitenden Fuselstoffe aus dem Vodka filtern konnte, und für er seinen deswegen sehr beliebten Vodke extra Butterfahrten zu seinen eigenen Verkaufsstätten veranstaltete.
Später dann wurde der Alkohol von der Regierung so weit sanktioniert, daß man in einer Kneipe nur noch zwei alkoholische Getränke bestellen konnte, und die auch nur zu einem Essen. Danach wurde man aus dem Lokal geworfen.
Das staatliche Alkoholmonopol gilt übrigens noch heute, weswegen man im Supermarkt nichts außer Light-Bier findet – für alles andere muß man in den staatlichen Alkoholladen gehen.
Historischer Ausschank im Vin- och Spirits Museet – da fühlt der Johannes sich zuhaus
Wer auf Museen Wert legt, sollte sich vielleicht überlegen, eher im Sommer nach Stockholm zu fahren, denn im Winter sind viele der Schlösser ganz geschlossen, bei vielen Museen gibt es weniger Attraktionen zu bewundern, und auch die Öffnungszeiten der Museen beschränken sich oft auf 12 – 15 Uhr – da muß man schon gut nach den Öffnungszeiten planen und sich beeilen, wenn man die nicht ganz billige Stockholm-Karte sinnvoll nutzen will. Und manche haben sogar nur sonntags und exakt von 12 bis mittags auf, und um 12.03 kommt man schon nicht mehr rein, wie wir bei den Hofstallungen feststellen mußten. Auch der Fährbetrieb zwischen den Inseln ist im Winter nahezu eingestellt.
Älg!
[+] Shopping: In Stockholm gibt es im wesentlichen vier Arten von Geschäften: Souvenir-Läden, Möbelgeschäfte, Schmuckgeschäfte, Glas und Inneneinrichtung. Immer schön abwechselnd nebeneinander. Die restlichen 5% Marktanteil verteilen sich auf Gucci-, Maserati- und H&M-Filialen. Das mit der Inneneinrichtung haben die Schweden aber raus – nur kann man leider Sofas schlecht als Handgepäck ins Flugzeug schmuggeln.
[+] Nachtleben. Stockholm ist keine riesige Metropole, trotzdem kann man sehr gut ausgehen. Z.B. in Cafe Opera, Spy-Bar, oder in der Ice-Bar. Preise in Bars und Clubs: 0,4er Bier 6 €, 0,25er Heinecken in nem schickeren Club 6,50, Cocktails zwischen 9 € im alternativen Künstler-Viertel bis 13 € in der Szene-Bar. Eintrittspreise in Clubs auch in der Woche: 11 €.
Rote Hottemäxchen forever! – Dala-Häst-Reiten im Skansen…
[-] Alkoholpreise allgemein. Bei der Einreise sollte man sich evtl. im Duty-Free-Shop eindecken, und kaufen kann man Alkohol im normalen Supermarkt nicht, dazu muß man in ein spezielles Geschäft des staatlichen Alkohol-Monopols gehen. Im Restaurant lernt man auch mal Cola schätzen.
Lustigerweise gibt es auch ein schwedisches Gesetz, das es verbietet, bei der Ausreise am Flughafen Spirituosen duty-free zu kaufen und in andere EU-Länder einzuführen. Nur auf Nicht-EU-Flüge darf man Alkohol mitnehmen.
Nachtstimmung in Stockholm – eigentlich könnten jeden Augenblick die drei besoffenen Finnen aus Night on Earth im Taxi vorbeifahren
[-] Touri-Abzocke gibt’s auch hier. Der Höhepunkt: Köttbullar im polnisch geführten Altstadt-Restaurant. 2 x 5 kleine Mini-Hackbällchen (10er Pack im Aldi ca. 1,29 €), ohne Soße, aber mit einem Löffelchen Rote-Beete-Salat aus dem Supermarkt, 3 Salatblättchen, 5 Erbsen, je 2 Tomaten- und Gurken-Scheibchen an Flaschen-Dressing und 2 Flaschen Light-Bier macht 230 SEK = 25 Euro. Hier hab ich zum ersten mal seit langer Zeit wieder etwas in DM umgerechnet. 50 DM für eine Hand voll Mini-Hackfleischbällchen.
Auch pakistanische Taxifahrer tippen so lange auf irgendwelchen Bordcomputern rum und verschlafen Ampeln, bis 2 km Wegstrecke 12 Euro kosten.
[++] Brot! Schweden ist das bisher einzige mir bekannte Ausland, indem es richtig leckeres Brot gibt, sogar Schwarzbrot. Und Knäckebröd wird in Schweden immer und überall serviert, sogar im guten Restaurant vor der Mahlzeit. Yummie!
[++] Schweden ist ein Land mit sehr gutem Sozialsystem. Noch nie habe ich in einem Land dermaßen viele Kinderwagen über die Straße schieben sehen.
Fazit: Stockholm ist eine wunderschöne Stadt und absolut sehenswert!
Marco
Na, wenn Du in Ontario Bier kaufen willst, findest Du im Supermarkt noch nichtmal Lightbeer. Dafür gibt es den „Beerstore“ oder „LCBO“, wo es auch härtere Sachen gibt. Im Beerstore stehst Du vor einer riesigen Tafel, wo die Sorten und Packungsgrößen angegeben sind sowie die Dosierung, den hier gibt es alle möglichen Volumina wie 781ml Dosen oder 341ml Flaschen. Erinnert an eine Apotheke. Deine Bestellung wird dann im Lager bearbeitet und kommt in einer schwarzen Plastiktüte, ganz dezent. Das ganze erinnert also eher an einen Coffeeshop in den Niederlanden als an einen deutschen Getränkehandel. Bier wird hier als eine so knüppelharte Droge eingestuft, das der Transport nur im Kofferraum des Autos erlaubt ist und Konsum in Reichweite von Kindern absolutes Tabu, daher haben nur wenige Restaurants eine Schankerlaubnis.
Preislich zahlt man für ein 0,4l Glas Guiness in der Kneipe etwa 4€, hängt etwas vom Tip ab, dass man der Mindestlohnkellnerin gibt. Es gibt recht leckere und dennoch preiswerte Biere, da geht im Beerstore bei etwa 0,70€ umgerechnet los für den Drittelliter. Man kann aber auch locker das 5fache für ein Duckstein oder etwas erlesenere Sorten bezahlen – der Sixpack Warsteiner kostet 8-9€!
Die einheimischen Biere reichen von furchtbarer Plörre bis „in Deutschland konkurrenzfähig“. Bei Weinen wirst Du unter 6€ gar nicht fündig, das ist dann mittleres Supermarktniveau – trinkbar, aber nicht umwerfend.
Ach so, nicht das Du denkst, das gäbe es nur in Schweden: das Brot in Kanada ist auch nicht übel, neben Bagel, vielerlei Toastsorten und Muffins gibt es alle mir bekannten italienische Sorten. Dazu ganz brauchbare Brötchen und mitunter auch Krustenbrot zu einem unschlagbaren Preis. Natürlich erhält man noch allerhand exotisches, etwa aus Indien. Da es hier IKEA gibt, ist sicher auch Knäckebrot erhältlich, hab noch nicht so geguckt. Pumpernickel ist total beliebt…
23.03.2007 @ 04:36
Jazzer
Hach, da wird mir richtig weh ums Herz. Möchte unbedingt wieder hin. Danke für diesen netten Bericht.
23.03.2007 @ 18:02
Arkadius
Hast du die Fotos bearbeitet? Die sehen ja ganz gut aus. Bin ich von dir so gar nicht gewöhnt.
24.03.2007 @ 10:51
steffi
2. kommentar versuch, eben alles abgestürzt… also eigentlich wollte ich ja nur mal gucken, wer sich so noch für das bloggertreffen angemeldet hat, da habe ich deinen stockholm bericht gefunden und bis zum schluss gelesen – denn da fahre ich am samstag hin! schnee ist da hoffentlich keiner mehr, danke für die tipps!
24.04.2007 @ 14:17
Torsten
Das mit den Elchen sieht ja toll aus! :)
18.08.2008 @ 14:42