Die Gerichtsverhandlung

Heute Morgen um neun war es nun soweit, 1 1/4 Jahr nach der Tat fand der Prozeß gegen meinen PowerBook-Entwender statt.

Der Prozeß vor dem Amtsgericht Düsseldorf war ein Doppelprozeß, einerseits wegen meinem Fall, und andererseits und in der Hauptsache wegen einer räuberischen Erpressung, die ebenfalls mein Täter zusammen mit einem Kollegen des nachts in der Düsseldorfer Altstadt begangen haben soll.

Tja, was soll ich sagen, der Prozeß verlief einigermaßen absurd und ergebnislos: Neben mir waren noch drei weitere Zeugen geladen, ein Vater- und Sohngespann, die eventuellen Opfer des eventuellen Überfalls in der Altstadt, und der Polizeibeamte der Düsseldorfer Altstadtwache, der die beiden Täter bei der anschließenden Fahndung nach dem Überfall festgenommen hatte.

Es fing schon auf dem Flur an, wo wir vier Zeugen zusammen während der Eröffnung der Verhandlung wartend auf dem Gang saßen, und wo außer mir offensichtlich niemand wußte, warum er denn überhaupt vorgeladen worden war. Vater-Sohn konnten sich dunkel an irgendeinen kleinen Vorfall erinnern, der sich vor langer Zeit mal in der Altstadt zugetragen hätte, aber der könne ja wohl kaum der Grund für eine Vorladung sein, und der Polizist erinnerte sich dunkel an die Gesichter der beiden, sagte aber auch gleich, er habe jede Woche fünf solcher Fälle, und die „Vögel“ sähen doch eh alle gleich aus, er könne wohl auch kaum eine sinnvolle Aussage als Zeuge machen, da er sich an einen speziellen Vorfall vor über einem Jahr bestimmt nicht mehr erinnern könne – was man ja auch durchaus nachvollziehen kann.

Die Gerichtsverhandlung verlief dann auch erwartungsgemäß: ich durfte als erster Zeuge meine Aussage machen, wie ich sie schon mehrmals bei der Polizei abgeliefert habe, nur daß sich diesmal ein Verteidiger darauf stürzte, daß ich nach 1 1/2 Jahren die genauen Uhrzeiten nicht mehr auf eine Viertelstunde genau zusammenbekam. Was aber auch nicht weiter schlimm war.

Danach kamen nacheinander Vater und Sohn, die beide erklärten, sich an überhauptnichts mehr erinnern zu können. „Aber sie waren doch ein mehreren Tagen zur Zeugenvernehmung auf dem Polizeipräsidium?!“ (In breitem rheinisch:) „Och wissen sö Herr Rischter, dat weiß isch jetzt nimmer, isch kann misch ja nisch alles merken, nö?!“ „Aber sie sind doch laut ihrer Aussage mit Waffen bedroht worden und haben danach noch mit der Polizei im Streifenwagen die Täter ausfindig gemacht und danach identifiziert. Sowas nicht gerade alltägliches und aufreibendes vergißt man doch so schnell nicht!“ „Och, och, nöö, wissen se, bevor isch hier jetzt watt falsches sach… Nöö, da kann isch misch echt nicht dran erinnern.“

Womit dann die Anklage wegen räuberischer Erpressung gelaufen war.

Was meinen Fall anbelangt: Der Angeklagte hatte wohl irgendeine hahnebüchene Geschichte erfunden, nach der er unschuldig war, und die auch weder der Staatsanwalt, wie er mir während der Verhandlungspause mehrfach versicherte, noch der Richter glauben mochten, die aber auch nicht juristisch unanfechtbar widerlegbar war, so daß er, obwohl höchst unglaubwürdig, mehrfach einschlägig vorbestraft und mit Bewährungshelfer im Gericht erschienen, in dubio pro reo auch in meiner Sache freigesprochen wurde. Und für sein dämliches Grinsen hätte ich auch spontan eine eindeutige Straftat begehen können. Na gut, sowas mache ich natürlich nicht, aber der Typ sollte mir auch nicht noch einmal über den Weg laufen.

So hat nun auch meine tolle Super-Versicherung, die ich hiermit ausdrücklich nicht weiterempfehlen möchte, weiterhin keinen Grund für den Schaden aufzukommen, und ich bleibe auf meinem nicht unerheblichen Schaden sitzen. Tolle Sache, das!

Was ich mich bei solchen Sachen ja auch immer Frage: Kann ein Strafverteidiger eigentlich guten Gewissens abends ins Bett gehen, wenn er einem offensichtlich Schuldigen die Straffreiheit verschafft hat? Für mich wäre das ja kein Job.

6 Antworten Subscribe to comments


  1. Michael

    Hallo Johannes, schöner Mist, mein Mitgefühl! Und warum muß die Versicherung nicht bezahlen?

    12.12.2005 @ 18:41


  2. Arkadius

    Ich weiß nicht, was du immer machst. Ich hätte ihn kalt gemacht. Und den Rest des Gerichts ebenfalls.

    12.12.2005 @ 19:19


  3. Marco

    Schonmal über auswandern nachgedacht? Ist doch eine Bankrotterklärung unseres Systems..

    12.12.2005 @ 22:48


  4. Johannes

    Ja, auswandern möchte man manchmal in der Tat schon mal. Oder zumindest mit einem brutalen Schlägertrupp befreundet sein.

    Letzlich hing es jetzt daran, daß es keine Einbruchspuren gab, ich nicht persönlich gesehen habe, wie der Typ was aus meiner Wohnung rausgetragen hat, und ich auch nicht mit einer Waffe bedroht wurde. Super System. Denn wäre mir derartiges direkt beim Eintreffen der Polizei eingefallen, dann wäre ich jetzt 3500 Euro reicher.

    Auch dem Versicherungsmenschen, der mich besucht hat, hätte ich wahrscheinlich irgendeinen Mist von einem simplen Wohnungseinbruch in meiner Abwesenheit erzählen können/sollen, das wäre wahrscheinlich noch nicht die Summe gewesen, wo der sich ersthafte Gedanken drüber macht und Akteneinsicht bei der Staatsanwahlschaft beantragt hätte.

    Hinterher ist man halt immer schlauer…

    12.12.2005 @ 23:47


  5. Marco

    Hab gerade 150€ für eine aufgebrochene Tür an meinem alten Corsa abgedrückt, muss sowas sinnloses sein? Vor ein paar Wochen war´s der Keller.
    Zur Lügerei: spätestens nach meinem Sekundenschlaf mit Leitplankenkontakt (Straftatbestand) bin ich zu der Erkenntnis gelangt, das hierzulande nur der Dummdreiste besteht – der Ehrliche ist der Dumme.
    Wir haben übrigens nächsten Donnerstag einen Termin bei der Auswandererberatung der Caritas. Da scheint es ja einen großen Bedarf zu geben, dass es solche Einrichtungen gibt.

    13.12.2005 @ 21:17


  6. public void blog() » Blog Archiv » Unglaublich ungerecht

    […] Ups, das w?r mir fast entgangen: Johannes hatte seinen Gerichtstermin, er war als Zeuge vorgeladen. In dem Prozess sollte gekl?rt werden, welche Schuld der gefasste T?ter hat, der Johannes seinerzeit nachts in seiner Wohnung ?berfallen und ausgeraubt hatte. Dabei waren auch Wertsachen geklaut wordem, Johannes’ glorreiche Versicherung dr?ckt sich bis heute erfolgreich darum, den Schaden zu begleichen. […]

    15.12.2005 @ 13:59


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