Der große Altstadt-Cocktail-Test

Nachdem die Elli mich gestern so hervorragend bekocht hatte, wir noch in die Altstadt gefahren waren und sich die Ratinger Straße so langsam leerte, blieb uns eigentlich nur noch eine Möglichkeit, den Abend vernünftig zu beschließen: Bar-Hopping in der Altstadt. Heraus kam dieser große Bar-Test der Düsseldorfer Altstadt:

Erste Station: Indiana

Das ehemalige Porky’s war damals immer für einen letzten Absacker in frühen Morgenstunden gut, seitdem war ich aber nie mehr da drin. Gestern lud uns auf dem Weg von der Ratinger Straße ein Aufsteller zur Cocktail-Happy-Hour mit 5 Euro pro Getränk ein.

Die Karte: durchweg nur mir unbekannte (Haus?-)Kreationen. Die Zutatenangaben waren aber nicht so recht nach meinem Geschmack, also bestellte ich außerhalb der Karte einen Tequila-Gimlet, einen meiner Favorites. Den kannte die Kellnerin nicht, doch nach dem Erklären der Zutaten (der Einfachheit halber 5cl Cuervo Classico und 5cl Lime Juice) machte sie sich gleich freudig ans Werk. Leider hat sie den Gimlet dann doch noch verbockt, indem sie ihn gerührt in einem großen Becherglas mit Crushed Ice ertränkt hat, statt ihn geschüttelt in einem Martini-Glas zu servieren. Hätte ich ihr vielleicht sagen sollen.
Die Hauskreation der E-Heldin war zunächst unerträglich süß, verwandelte sich aber durch das Nachbestellen eines ordentlichen Schusses Zitronensaft überraschenderweise doch noch etwas trinkbares.

Publikum: Ein Päärchen (Typ Finanzbeamte), das zu House-Musik Disco-Fox tanzte, und die Freundin der Kellnerin.

1 von 5 Sternen.

Zweite Station: Melody Bar

Die Karte: beschränkt sich auf wenige, vielleicht 15 Cocktails, mit einer Mischung aus ein paar Standards (Martini, Manhattan, Mojito) und einige Hauskreationen (Mailänder, Helgoländer, Chinesin). Man kann aber auch jeden anderen gängigen Cocktail außerhalb der Karte ordern.

Der Mailänder der E-Heldin und mein Singapore Sling, waren von gewohnt exzellenter Qualität, die Bar-Keeperin weiß einfach wie das mit dem Mixen geht, und wie man auch bei simplen Standards alles noch einen Tick richtiger machen kann als anderswo. Hervorragend!

Publikum: Business-Leute und illustre Nachtschwärmer, durchweg nett.

5 von 5 Sternen.

Leider waren nun unsere Bargeldreserven erschöpft, und wir mußten die Melody-Bar zum Auffrischen dieser verlassen. Daher:

Dritte Station: die Hotel-Bar des Steigenberger

Eigentlich wollten wir dort ein paar adrette Männer für die E-Heldin abgreifen, jedoch hatte die Bar zu so vorgerückter Stunde in der Woche schon geschlossen und wir trafen nur noch den Bar-Keeper beim Stühlezusammenrücken an. Schade.

Publikum: die letzten verbliebenen Gäste des 5-Sterne-Hotels.

Ohne Wertung.

Nun mußte aber doch ein Absacker her, am besten noch mit recht viel Gesellschaft:

Vierte Station: Luisiana

Die Karte: Alle Cocktails sind im Tropical-Bereich angesiedelt und werden im großen Becherglas und mit möglichst viel Deko serviert – typisches Syndrom einer Teeny-Cocktail-Bar.

Meine Wahl fiel auf einen „Ladykiller“, den einzigen Gin-Cocktail (hörte sich in Kombination mit Apricot Brandy, Triple Sec und Fruchtsäften eigentlich noch recht lecker an), und die Elli bestellte einen Tequila Sunrise. Der Barkeeper brachte dann auch gleich seine große Leidenschaft und geballte Kompetenz für Cocktails in Spiel, und kredenzte mir mit großen Elan einen Drink, der von – ääääh – tagelang abgestandenem Spülwasser wirklich kaum zu unterscheiden war! Widerlich! Und von der halben Ananas, die der Bar-Keeper irgendwie in das Glas hineingepröppelt hatte, schmeckte der unreife Teil besser als der nicht herausgeschnittene holzige Kern.

Ebenso war Ellis Tequila Sunrise schlichtweg ungenießbar und ließ sich auch durch das Nachordern eines ordentlichen Schusses Zitronensaft nicht mehr aufwerten. Ich hätte nie gedacht, daß man einen derart simplen Standard-Cocktail, bei dem man wirklich nicht viel beachten muß, so dermaßen schlecht hinbekommen kann. Auch eine Leistung.

Das war mir dann auch glatte 8 Cent Trinkgeld wert. (Piepsige Kellnerin: „Das tut mir wirklich ganz ganz schrecklich leid, das war jetzt wirklich das letzte Kleingeld, das ich noch hatte, mehr kann ich ihnen wirklich nicht zurückgeben!“)

Publikum: junges südlandisches Altstadtpublikum, das zu R’n’B-Musik tanzt, jüngere Geschäftsleute in Kaufhaus-Anzügen und hellblau-weiß-karierten Hemden und eine Alkohol-Leiche, die im Stehen schwankend über der Theke schlief. Gelegentlich sieht man dort in der Saison auch bullige betrunkene Rheinfire-Spieler beim Reste-Abschleppen.

Unterirdisch, 0 von 5 Sternen.

(Ehrenrettung: Vor ein paar Tagen hab ich dort mal nachmittags einen Burger und ein Bier konsumiert, das war in Ordnung, das haben die hinbekommen…)

Der Vollständigkeit halber, weil gestern nicht besucht:

Op de Eck

Dort war ich schon länger nicht mehr, erinnere mich aber an solide Drinks. Ist aber mehr Restaurant als richtige Bar mit dem entsprechenden Ambiente.

3 1/2 von 5 Sternen

Das Mai Tai

Die Karte: Tropische Cocktails in ca. 150 Variationen mit phantasievollen Beschreibungen („traumhafte Südsee-Kreation“) statt Zutatenauflistungen – was man bekommt ist also immer etwas Glückssache. Die Getränke sind aber eigentlich immer solide zubereitet und gut genießbar. Mein Tip: „Honi Honi“, eine Whiskey-Sour-Variation auf Bourbon-Basis mit „polynesischen Kräutern“.

Publikum: die Bar ist immer voll, durchschnittliches bis gehobenes, eher touristisches Publikum.

Wenn man den Trubel mag: 4 von 5 Sternen.

Die Siam-Bar

Die Karte: möglichst viele Cocktails, wieder eine typische Teeny-Cocktail-Bar. Ich bin da vor Jahren mal eingekehrt und hab einen Cocktail bestellt – eine Caipirinha, weil ich dachte, daß man da nicht viel verkehrt machen kann. Serviert wurde dann ein süßliches Irgendwas, das sogar Orangensaft enthielt. Ungenießbar.

Publikum: Jugendliche, die möglichst große und bunte Drinks für wenig Geld haben wollen.

0 von 5 Sternen.

5 Antworten Subscribe to comments


  1. e-heldin

    Sehr schön, lieber Johannes! Eine bessere Zusammenfassung hätte man nicht machen können :-)

    12.10.2006 @ 14:40


  2. Chris

    ;)) Na dann hattet ihr ja noch ordentlicgh Spaß…. Kann deine Wertung übrigens völlig unterstützen…. Spülwasser bekommt man im Louisanna übrigens sogar im Bier…. ;))

    12.10.2006 @ 16:19


  3. Arkadius

    Jetzt weiß ich, wo dein ganzes Geld bleibt! Der Abend muß doch ganz schön teuer gewesen sein.

    13.10.2006 @ 09:45


  4. Marco

    Das Porky´s gibt es nicht mehr? Das ist ja ganz schrecklich!

    14.10.2006 @ 12:39


  5. Sistaweb » Huhn in Bresso-Sauce

    […] Nach dem Lob von Johannes kommt hier das super-einfache Rezept, mit dem man seine Liebsten verwöhnen kann. […]

    17.10.2006 @ 09:00


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